Hier können die Bewohner selbst recycelte Materialien für ihr zukünftiges Zuhause auswählen

In der neuen Wohn- und Baugemeinschaft Sjællandsk Muld können die künftigen Bewohner für den Bau ihrer Häuser recycelte Materialien und Verschnitt wählen. Mehr Einfluss für die Bewohner führt zu nachhaltigeren Entscheidungen, so die Annahme.

31.05.2024
Photo: Almenr
Die Familie Badu ist eine von insgesamt 35 Familien, die die Möglichkeit haben, bei der Errichtung ihrer neuen Wohnung in der Wohngemeinschaft Sjællandsk Muld für recycelte Materialien zu entscheiden.

Im kleinen Ort Hvalsø in der dänischen Gemeinde Lejre wird die neue Wohn- und Baugemeinschaft Sjællandsk Muld gebaut, und die Eigentumswohnungen sollen Ende 2024 einzugsbereit sein.

Als besonderes Konzept können recycelte Materialien in den Bau einbezogen werden. Dadurch haben die 35 Haushalte die Möglichkeit, die Materialien, die sie für ihre künftigen Wohnungen benötigen, selbst zu wählen. Das können zum Beispiel recycelte Dielen, Küchenelemente und Troldtekt Akustikplatten sein.

Der Wohngemeinschaftsentwickler Almenr steht hinter Sjællandsk Muld in Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen Enemærke & Petersen und GENBYG. Letzteres fungiert als Materialbank, die sowohl Reste und Abfälle als auch Recyclingmaterialien aus Abbrucharbeiten abnimmt. Die Wohnungen wurden von EFFEKT Arkitekter entworfen.

 

Gibt den Bewohnern die Kontrolle

Almenr hat eine Plattform mit 15.000 Mitgliedern, die Menschen zusammenbringt, welche in einer Gemeinschaft leben möchten – ganz gleich, ob auf dem Land oder in der Stadt ist und ob man sich beispielsweise auf Wirtschaft, Tierhaltung oder Landwirtschaft konzentriert.

– Anstatt nach Marktbedingungen zu bauen, bei denen nur der Wiederverkaufswert zählt und die Materialien nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner ausgewählt werden, haben wir uns für etwas anderes entschieden. Die Bewohner entscheiden, und sie haben in der Regel eine langfristige Perspektive, da sie wahrscheinlich 20 Jahre lang dort leben werden. Die meisten Menschen entscheiden sich daher für hochwertige Materialien, die auch nach vielen Jahren schön sind und ein gesundes Innenraumklima schaffen, sagt Lars Lundbye, Partner und Mitbegründer von Almenr.

– Den zukünftigen Bewohnern die Möglichkeit zu geben, Einfluss auf die Materialien in ihrem Zuhause zu nehmen, ist der erste Schritt in Richtung einer zirkuläreren Baubranche. Für uns ist es ein spannender Weg. Und es ist eine dankbare Nutzergruppe, da sie sehr umweltbewusst ist, sagt Anders Sørensen, Nachhaltigkeitsmanager bei Enemærke & Petersen.

Weniger klimaschädliche Entscheidungen in Wohngemeinschaften

Almenr versucht, die alten Traditionen wieder aufleben zu lassen, wie sie vor 50 bis 100 Jahren in Bauvereinen und Gemeinschaften mit lokaler Finanzierung und den Bewohnern als Bauherren praktiziert wurden.

– Wir haben diese Tradition in einem professionellen Rahmen wiederaufgenommen, in dem wir die Komplexität für die Bewohner beseitigen und mit einer partnerschaftlichen Struktur arbeiten wollen. Auf diese Weise sitzen sowohl der Endnutzer als auch der Anbieter in einem Boot, wenn es darum geht, das Projekt zum Erfolg zu führen, erklärt Lars Lundbye und fügt hinzu:

– Wenn man der Gemeinschaft die Macht zurückgibt, entstehen automatisch auch nachhaltigere Entscheidungen. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass Wohngemeinschaften einen 30 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck und 60 Prozent weniger Lebensmittelverschwendung haben. Ganz einfach, weil sich die Bewohner bei Dingen wie gemeinsamen Mahlzeiten und Fahrten miteinander abstimmen.

Auf die Frage, warum Enemærke & Petersen in ein Projekt wie Sjællandsk Muld eingestiegen ist, sagt Anders Sørensen:

– Wir wollen das Nachhaltigkeitsanliegen vorantreiben, aber mit Lösungen beginnen, die überschaubar sind. Es liegt irgendwie in unserer DNA, dass wir die Entwicklung vorantreiben wollen. Wir führen exemplarische Bauprojekte durch, welche die hergebrachte Praxis herausfordern, und das liebe ich. So entmystifizieren wir beispielsweise die Komplexität neuer Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Das ist die Kraft des Vorbilds.

Photo: Almenr
Lars Lundbye vor Fridlev, einer anderen Wohn- und Baugemeinschaft von Almenr in Hvalsø.

Wiederverwendete Materialien in Wohngebäuden

Recyclingmaterialien auf diese Weise in ein neues Gebäude einfließen zu lassen, ist das erste Projekt seiner Art. Und Recycling war von Anfang an Teil des Plans für Sjællandsk Muld. Dabei ergaben sich zwei Herausforderungen, denen sich die Bewohner stellen mussten: Die Materialien unterliegen keiner Garantie, und sie werden in unterschiedlichen Mengen geliefert. Es kann also nicht jeder das Gleiche bekommen.

GENBYG hat ein Optionssystem für die möglichen recycelten Materialien entwickelt, das nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ funktioniert. Bei der Auswahl der Materialien wird darauf geachtet, dass sie eine nachweislich hohe Qualität aufweisen und leicht zu pflegen und zu reparieren sind.

Beispiele hierfür sind Buchenböden von Juncker, Stykka Küchen aus Sperrholzresten der Produktion sowie Troldtekt Akustikplatten.

– Generell müssen wir uns von Materialien abwenden, die nur eine kurze Lebensdauer haben und nicht repariert werden können. Das sind wichtige Prinzipien, auf denen wir als Bauunternehmer aufbauen können, sagt Anders Sørensen.

Im Rahmen des Projekts wurden Workshops mit den Bewohnern, Almenr, GENBYG und Enemærke & Petersen abgehalten. Unter anderem kamen die Bewohner zu dem Schluss, dass sich Recyclingmaterialien nicht für unsichtbare Installationen in der Wand eignen, dass aber größere Flächen in der Wohnung kein großes Risiko darstellen, sofern die Materialien solide sind.

– Das ist ein ganzheitlicherer Ansatz. Diese Flexibilität ist im Industriebau schwierig, aber in unserem Maßstab ist sie zu handhaben, sagt Lars Lundbye.

Über Sjællandsk Muld

  • Die Bau- und Wohngemeinschaft Sjællandsk Muld befindet sich im Ort Hvalsø in der dänischen Gemeinde Lejre
  • Sjællandsk Muld will eine lebendige Wohngemeinschaft schaffen, die modernes Wohnen mit anspruchsvollen, innovativen Lösungen verbindet.
  • Ab Ende 2024 stehen 35 neue Eigentumswohnungen sowie ein Gemeinschaftshaus zum Einzug bereit. Die Bewohner haben bei der Auswahl von recycelten Baustoffen für ihre zukünftigen Wohnungen mitgewirkt.

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