Cradle to Cradle Certified®: Ein Rahmen für sichere, zirkuläre und verantwortungsvoll hergestellte Produkte

Der Cradle to Cradle-Ansatz ist im Wesentlichen ein Instrument für die Schaffung nachhaltigerer Produkte. Es bietet aber auch eine Reihe von Vorteilen, wenn Unternehmen ihre gesamte Geschäftsstrategie auf das Konzept stützen. Das meint Christina Raab, Direktorin des Cradle to Cradle Products Innovation Institute.

Das Jahr 2022 markiert das 20-jährige Jubiläum der Herausgabe des bahnbrechenden Buches „Cradle to Cradle: Remaking The Way We Make Things (dt. unter dem Titel Cradle to Cradle: Einfach intelligent produzieren, 2014). Die beiden Autoren, der deutsche Chemiker Michael Braungart und der amerikanische Architekt William McDonough, plädierten für einen Bruch mit dem Benutzen-und-Wegwerfen-Ansatz in der Produktentwicklung – aber auch mit dem Gedanken, dass „weniger schädliche“ Produkte gut genug seien.

„Es war ein sehr wegweisendes Buch, weil es ganzheitlich für eine Kreislaufwirtschaft plädierte. Gleichzeitig wiesen die Autoren darauf hin, dass Industrie und Wirtschaft konkrete und umsetzbare Instrumente benötigen, wenn die Art und Weise, wie Produkte designt werden, verändert werden soll“, erklärt Dr. Christina Raab, President & CEO des Cradle to Cradle Products Innovation Institute. 

Das Institut wurde 2010 gegründet, um die Ideen des Buches in die Praxis umzusetzen und Unternehmen auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.

„Die ersten Unternehmen, die sich auf das Designkonzept einließen, kamen aus der Baubranche und der Kosmetikindustrie. Die Tatsache, dass die Baubranche das Konzept so gut angenommen hat, liegt wahrscheinlich daran, dass einer der Autoren aus der Architektur kommt“, so Raab.

Photo: Helene Høyer Mikkelsen, arkitekt MAA

Steigende Nachfrage

Seither sind viele neue Branchen hinzugekommen, und mittlerweile haben sich über 700 Unternehmen dem Cradle to Cradle Certified Products-Programm angeschlossen. Etwa die Hälfte davon ist mit der Baubranche assoziiert.

„Wir sehen zunehmend progressive Entwickler und Bauherren, die bei Ausschreibungen Cradle to Cradle-Zertifizierungen verlangen. Immer häufiger kommen auch Nachfragen aus der Finanzwelt und von Investoren, die nach ESG-Kriterien investieren wollen“, erklärt Christina Raab.

Längerfristig hofft sie, dass alle Neubauvorhaben und öffentlichen Ausschreibungen die Forderung nach Cradle to Cradle-zertifizierten Lösungen stellen werden.

Auch hier tragen die wichtigen Gebäudezertifizierungen wie DGNB, LEED, WELL und BREEAM dazu bei, die Nachfrage nach Cradle to Cradle-Zertifizierungen in diesen Jahren zu steigern. Diese Systeme erkennen nämlich Cradle to Cradle-zertifizierte Materialien und Produkte an und beziehen die Zertifizierung in die Punktevergabe ein.

Vorteile für Unternehmen

Laut Christina Raab haben bis dato nur wenige Unternehmen wie Troldtekt ihre gesamte Geschäftsstrategie auf die Cradle to Cradle-Prinzipien basiert, aber sie hofft, dass viele weitere folgen werden:

„Es verleiht einem Unternehmen große Glaubwürdigkeit, nach den Cradle to Cradle-Prinzipien zu arbeiten. Die Anforderungen sind sehr streng und umfassend, und es gibt eine Verifizierung durch Dritte, was unter anderem von Investoren zunehmend nachgefragt wird“, so Raab.

„Gleichzeitig gibt es einem Unternehmen wie Troldtekt die Möglichkeit, eine Führungsrolle zu übernehmen und sich als Vorreiter in der Nachhaltigkeitsagenda zu profilieren. Die Cradle to Cradle Certified-Anforderungen werden nämlich im Allgemeinen als die strengsten Anforderungen angesehen, die erfüllt werden können“, fügt sie hinzu.

Außerdem weist sie darauf hin, dass Unternehmen, die mit Cradle to Cradle-Zertifizierung arbeiten, ein einschlägiges Instrumentarium für die Geschäftsentwicklung erhalten:

„Es kann die Entwicklung eines Unternehmens wirklich fördern, weil es ein so konkretes Instrument ist, um Verpflichtungen in reales, messbares Handeln umzusetzen. Zugleich bedeutet Cradle to Cradle, dass sich das Unternehmen kontinuierlich verbessert und weiterentwickelt, sodass Unternehmen wie Troldtekt der Konkurrenz ständig einen Schritt voraus sind“, wie sie es ausdrückt.  

Die fünf entscheidenden Herausforderungen

Der Produktstandard Cradle to Cradle Certified konzentriert sich auf fünf kritische Bereiche, die bei der Entwicklung neuer Produkte zu berücksichtigen sind. In der neuen Version 4.0 der Zertifizierung lauten sie:

  • Material Health
  • Product Circularity
  • Clean Air & Climate Protection
  • Water & Soil Stewardship
  • Social Fairness

Laut Christina Raab hat sich die Baubranche traditionell auf einzelne Kategorien konzentriert, doch in Zukunft erwartet sie einen ganzheitlicheren Nachhaltigkeitsansatz – mit zirkulären Prinzipien, aktivem Klimaschutz und sozialer Nachhaltigkeit.

„Gerade in der Bauindustrie sind die zirkulären Eigenschaften der Produkte wichtig. Die Ressourcen der Erde sind begrenzt, und die Cradle to Cradle-Zertifizierung erfordert eine Bewertung, ob das Produkt zirkulär entworfen wird – ob es zerlegt werden kann und Materialien in neue Kreisläufe aufgenommen werden können. Wir schauen uns aber auch die verwendeten Rohstoffe an und wie die Produktion abläuft“, erklärt Christina Raab.

Sie weist außerdem darauf hin, dass bei der Zertifizierung berücksichtigt wird, welche Systeme vorhanden sind, um die Materialien nach Ablauf ihrer Lebensdauer weiter zu verwerten.

FAKTEN: Über das Cradle to Cradle Products Innovation Institute

  • Gegründet als gemeinnützige Organisation 2010.
  • Das Institut hat ein Kernteam aus 20 Mitarbeitenden und unterhält Niederlassungen in den USA (San Francisco) und Europa (Amsterdam).
  • Über 700 Unternehmen weltweit arbeiten bisher mit dem Cradle to Cradle Certified Framework.
  • Die Unternehmen verteilen sich auf Europa, Nordamerika und Australien.

FAKTEN: Über Cradle to Cradle

  • Das Designkonzept wurde mit Inspiration aus dem Kreislauf der Natur entwickelt.
  • Im Idealfall können die Produkte nach Gebrauch zerlegt und die Materialien entweder als biologischer Nährstoff (biologischer Kreislauf) abgebaut oder zu neuen Produkten recycelt werden (technischer Kreislauf).
  • Der Produktstandard Cradle to Cradle Certified wird regelmäßig aktualisiert, wodurch die Anforderungen kontinuierlich strenger werden. Die neueste Version (4.0) wurde im März 2021 veröffentlicht.

FOTO:

Christina Raab, Direktorin des Cradle to Cradle Products Innovation Institute.