Für Schulbauvorhaben werden immer häufiger bestehende Gebäude genutzt
Immer mehr Bauherren sind bei Schulbauvorhaben bestrebt, so viel wie möglich von der alten Schule zu erhalten – anstatt quasi automatisch ein neues Gebäude zu errichten. So lautet die Bewertung einer preisgekrönten Architektin für Schulbauten, die auch darauf hinweist, dass der neue Ansatz vor allem an die Architekten Anforderungen stellt.
Kathrine Hegner Stærmose ist Architektin und Partnerin des Architekturbüros AART. Sie hat zusammen mit dem übrigen Team ihres Büros die Auszeichnung Schulbau des Jahres 2022 für die Schule und das Kinderhaus des Ortes Vrå in der dänischen Gemeinde Hjørring gewonnen. Dies war ein einzigartiges Projekt, das Schule, Bibiliothek sowie Kultur- und Bürgerzentrum unter einem Dach vereint – und dies mit enormen Bemühungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit.
Obwohl Kathrine Hegner Stærmose also die Möglichkeiten erlebt hat, wenn ein Projekt von Grund auf neu konzipiert werden kann, sieht sie zunehmend eine andere Bewegung im Schulbau:
– Der große aktuelle Trend, – und zwar nicht nur im Schulbau, sondern im Bauwesen im Allgemeinen, – ist die Wiederverwendung von bestehenden Gebäuden. Wir sehen viele Schulrenovierungen und Schulmasterpläne, die darauf abzielen, das zu nutzen, was wir bereits haben. Es geht darum, wie wir renovieren und modernisieren können, damit der vorhandene Gebäudebestand den neuen Anforderungen an Lernumgebungen gerecht wird, sagt sie.
Sie fügt hinzu, dass ein Ansatz auch Schulerweiterungen sein können, die dem Lernumfeld neue Dimensionen verleihen.
Warum ist dieser Wunsch bei den Bauträgern immer stärker verbreitet?
– Ich glaube, es ist eine Kombination aus dem Wunsch, umweltbewusster und energieeffizienter zu werden, und einem gesteigerten Bewusstsein für die Wirtschaftlichkeit. Dass man vielleicht vorsichtiger mit seinem Geld umgeht und sicher sein möchte, dass man das Geld vernünftig einsetzt. Man reißt also nicht einfach eine ganze Schule ab, nur weil die Klassenräume die falsche Größe haben oder ein Gemeinschaftsbereich und Gruppenräume fehlen. Das ist viel sorgfältiger und vernünftiger, finden wir bei AART, sagt Kathrine Hegner Stærmose.
Welche Anforderungen und Herausforderungen stellen diese neuen Erwartungen für Sie als Architektin?
– Das ist ja eine ganz andere Aufgabe. Wenn wir eine völlig neue Schule bauen, erstellen wir in der Regel ein Raumprogramm mit Wünschen und Anforderungen, und dann müssen wir es von Grund auf zeichnen und das richtige Konzept finden. Bei der anderen Art von Projekten geht es darum, zunächst zu klären, was das bestehende Gebäude leisten kann. Wir müssen buchstäblich hingehen und die Türen öffnen, um herauszufinden, was sich in jedem Raum befindet. Denn selten wurde die Nutzung aller Räume in der Schule genau aufgezeichnet und optimiert. Dieser Ansatz erfordert also ein großes Maß an Neugier für das Vorhandene, sagt sie.
Sie fügt hinzu, dass die Umgestaltung von Schulen in der Regel auch mehr Dialog mit den Nutzern erfordert.
– Ein solches Projekt kann in Etappen durchgeführt werden, so dass die Veränderungen oft nicht so offensichtlich sind, sagt sie.
Was sind die Vorteile solcher Projekte?
– Es gibt eine ganze Menge vorhandener Qualitäten des Vorhandenen, – auch architektonischer Art, – die sehr interessant sind, um darauf aufzubauen. Wir haben überall in Dänemark viele schöne Schulen mit unterschiedlichen Charakterzügen und hochwertigen Materialien. Wir haben viele schöne Schulen aus Backstein, die sehr robust sind, die aber den heutigen Anforderungen an Tageslicht und Raumklima nicht mehr gerecht werden, sagt sie.
Können Sie einige Beispiele dafür nennen, wie man konkret mit dem Bestehenden arbeiten kann?
– Ich habe gute Kollegen, die an einigen wirklich spannenden Projekten arbeiten, bei denen es um die Umgestaltung bestehender Klassenräume geht. Dabei kann es sich um Räume handeln, in denen die Schüler auf Fensterbänken oder Schränken sitzen können, sich hinlegen oder an einem Stehtisch arbeiten können. Aber es kann auch darum gehen, abwechselnd abgeschirmt und offener zu sitzen, berichtet sie und fügt hinzu, dass es auch darum geht, die Möglichkeiten in den Fluren und Außenbereichen zu prüfen.
LCA ist zu einer Grundvoraussetzung geworden
Kathrine Hegner Stærmose weist außerdem darauf hin, dass Lebenszyklusanalysen (LCA) zu einem festen Bestandteil des heutigen Schulbaus geworden sind.
– Während des gesamten Prozesses müssen wir unsere CO2-Emissionen sowohl in der Bau- als auch in der Betriebsphase im Auge behalten, so dass wir bei allen Entscheidungen, die wir treffen, zusätzliche Berechnungen anstellen müssen, sagt sie.
Und diese Lebenszyklusbetrachtung begünstigt oft den zuvor erwähnten Fokus auf die Erhaltung des Bestehenden.
– Bei einem anderen interessanten Projekt, bei dem es sich freilich nicht um ein Schulgebäude handelte, sind wir jedes einzelne Teil des bestehenden Gebäudes durchgegangen und haben versucht, kreativ zu sein, wenn es darum ging, wie wir die Materialien verwenden können. Zum Beispiel die Deckenplatten, von denen wir einen Teil als abgehängte Akustikplatten verwenden können. Oder die Beleuchtungskörper, die von den Originalherstellern zurückgenommen, gereinigt und aufgearbeitet werden, damit sie wiederverwendet werden können, sagt sie.
Im Zusammenhang mit der Forderung nach Lebenszyklusanalysen sieht Kathrine Hegner Stærmose einen weiteren Trend:
– In allen Ausschreibungsunterlagen steht heute: „natürliche, robuste Materialien und Oberflächen“. Die Forderung nach robusten Materialien gibt es schon lange, aber was neu ist, ist der Wunsch nach natürlichen Materialien, sagt sie und erklärt, dass es bei natürlichen um biogene Materialien, aber auch um Pflanzen und Begrünung im Innen- und Außenbereich gehen kann.
Der Trend geht weg von der Begrenzung auf „Schule“ hin zu Anforderungen an Innenraumklima und Wohlbefinden
Kathrine Hegner Stærmose sieht generell eine (willkommene) Abkehr von der Begrenzung auf das „Thema Schulgebäude“ der Vergangenheit zugunsten einer ganzheitlicheren Konzentration auf Wohlbefinden, Raumklima und Lernen.
– Wir konzentrieren uns sehr darauf, wie wir Lernende und Lehrkräfte positiv beeinflussen können, – anstatt eine sternförmige oder runde Schule mit einem großen Mittelraum zu bauen, sagt sie.
Hier nennt sie die Troldtekt Lüftungsdecken im Vrå Kinder- und Kulturhaus als Beispiel für eine Maßnahme, die das Innenraumklima deutlich verbessert – und die auch in anderen Umgestaltungsprojekten von bestehenden Gebäuden eingesetzt werden kann.
– Die Lösung sorgt für einen fantastisch guten und angenehmen Luftaustausch, und wir wissen, dass sich die Nutzer darüber freuen, sagt sie abschließend.
FAKTEN: Über Kathrine Hegner Stærmose
· Architektin und Partnerin bei AART Architects.
· Über 12 Jahre Erfahrung bei AART, wo sie sich auf Architektur als Motor des sozialen Wandels spezialisiert hat.
· AART ist ein skandinavisches Full-Service-Architekturbüro.
· Fachliche Schwerpunkte: Nachhaltigkeit, Einbeziehung der Nutzer, universelles Design und soziale Integration.