Die Möwen sind fort, die Architektur entfaltet sich
In den letzten sieben Jahren hat sich das nördliche Hafenareal von Aarhus von einem Container-Terminal in einen attraktiven Stadtteil verwandelt, der von den spannenden Neubauten großer skandinavischer Architekturbüros geprägt ist.
Es ist nicht immer leicht, neuen Stadtteilen ein reges Leben einzuhauchen, doch in Aarhus Ø zeichnet sich ab, dass dies dank Hafenschwimmbad, Garteninseln, Restaurants und einem 128 Meter hohen Aussichtspunkt gelingen wird.
Lighthouse („Leuchtturm“), Z-Huset („Z-Haus“) und Isbjerget („Eisberg“) heißen einige der Projekte, die den Sprung vom Zeichenbrett zur neuen Hafenfront in Aarhus Ø geschafft haben. Und je mehr von dem ehemaligen Containerhafen verschwindet, umso mehr neue Gebäude ragen in die Luft und verwandeln das Areal in einen interessanten Stadtteil mit attraktiven Wohn- und Gewerbeflächen.
„Das Bauen am Wasser hat ganz klare Vorteile, denn es zieht internationale Architekten an, die hier ihre Kreativität in Form von spannenden Projekten ausleben. Wir haben gerade den Zuschlag für die Umsetzung des Projekts Lighthouse erhalten und beginnen bald mit dem Bau eines 128 Meter hohen Hochhauses. Parallel dazu arbeiten wir mit der Bjarke Ingels Group an dem Projekt AARhus, wo wir unter anderem sechs Restaurants, ein Theater und mehrere kleine Badehäuser bauen werden“, berichtet Projektentwickler Rune Kilden, Mitinhaber der Entwicklungsgesellschaft Kilden & Mortensen.
Im Jahr 2009 erwarb Rune Kilden gemeinsam mit einigen örtlichen Investoren die Rechte für die Errichtung des Lighthouse, das vom Architekturbüro 3XN entworfen wurde. Das war der Startschuss für sein Dasein als „Hafenarbeiter“, der sich mit Leib und Seele für die Entwicklung des Stadtteils Aarhus Ø rund um die alten Hafenkais einsetzt („Ø“ steht für Ost und zugleich für Insel). Aus seinem Büro im achten Stock des Büroneubaus Pakhusene hat er einen guten Blick auf das Areal. Das Gebäude wurde von AART Architects entworfen, die dabei eine „Share Economy“ im Sinn hatten: Die in dem Bürohaus ansässigen Unternehmen teilen sich bestimme Einrichtungen, und die Bürger des Stadtteils kommen in den Genuss von Fitnessstudio, Parkplätzen und einer Kantine, die auch nach Büroschluss geöffnet ist.
Vom Wohngebiet zum pulsierenden Stadtteil
Bereits seit dem ersten Spatenstich versuchten die Immobilienentwickler, dem neuen Stadtteil Aarhus Ø städtisches Leben einzuhauchen, meist durch kurzzeitige Kulturprojekte. Heute, fünf Jahre nach Einzug der ersten Bewohner, richten auch die Kommunalpolitiker ihr Augenmerk auf die Schaffung urbanen Lebens an der Hafenfront. Es soll vor allem rund um das Hafenbecken Bassin 7 entstehen, das im Sommer 2018 teilweise zu einem Hafenschwimmbad umgestaltet wird.
„Es ist leicht, einen neuen Stadtteil in die Kritik zu nehmen, weil er nicht vom ersten Tag an mit Leben erfüllt ist. Aber es braucht schon eine kritische Masse an Menschen, durch die das Leben vor Ort entsteht. Mit den vielen neuen Wohnungen haben wir das Potenzial jetzt geschaffen, und in den nächsten Jahren wird sich das Leben hoffentlich entfalten“, meint Rune Kilden.
Architekten, Stadtplaner, Immobilienentwickler und Bauunternehmen haben zum ursprünglichen Bebauungsplan für Aarhus Ø mit innovativen Konzepten beigetragen. Unter anderem haben sie sich von der Vorstellung großer, offener Plätze fortbewegt.
„Sichtachsen und ansprechende visuelle Zusammenhänge sind schön und wichtig, doch offene Plätze werden schnell problematisch, denn sie eignen sich kaum für das Aufkommen von Leben. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Stadt Aarhus die Planung für das Bassin 7 überdacht und arbeiten nun zusammen mit anderen Projektentwicklern an Konzepten wie Strandbar, Hafenschwimmbad und Garteninseln, in denen wir ,Urban Gardening‘ anbieten wollen. Es geht darum, gesellschaftliche Trends und Entwicklungen aufzugreifen“, erklärt Kilden.
„Die Leute müssen einen Grund haben, um sich aus dem alten Stadtkern herauszubegeben und Teil des Lebens in Aarhus Ø zu werden. Hafenbad, Konferenzhotel und neue Restaurants werden die großen ,Game Changer‘ sein. Und die Plattform auf der obersten Etage des neuen Lighthouse wird eine ganz eigene Attraktion, die allen Neugierigen einen Ausblick aus 128 Metern Höhe ermöglicht.“
Architekten mit Weitblick und Einsicht
Die Neubauten von Aarhus Ø sind wie ein Rundgang durch die aktuellen Arbeiten renommierter internationaler Architekturbüros. An fünf dieser Projekte war oder ist Rune Kilden beteiligt. Bei Bassin 7 kooperiert er mit der Bjarke Ingels Group (BIG) und SLETH Arkitekter. Letztere gehören für ihn zu den spannendsten neuen Architekturbüros der heimischen Szene in Aarhus.
„Die kombinieren internationalen Weitblick mit lokaler Einsicht. Architekten von hier kennen sich mit der DNA der Stadt aus und haben Ideen dazu, welche Menschen es in einem Gebäude braucht, um dessen Potenzial auszuschöpfen. Wir haben vielleicht die Vorstellung, ein tolles Restaurant zu bauen, aber das wird ja auch nur so toll wie der Gastronom, der es nachher betreibt. Unsere Architekten kennen vielleicht einen potenziellen Mieter, der einem Bürogebäude den richtigen Glanz verleiht“, sagt Kilden.
„Viele Architekten aus Aarhus sind auch international tätig. Deshalb würde ich nicht sagen, dass ein Gebäude einen ganz anderen Ausdruck erhält, wenn ich mit einem Architekten von hier zusammenarbeite. Doch die heimischen Architekten bringen eine ganzheitliche Auffassung unserer Stadt mit, was sowohl für die Projekte als auch für mich von Vorteil ist. Auch bei BIG ist das so, denn die haben mehrere Mitarbeiter, die in Aarhus geboren und aufgewachsen sind und die Qualitäten und Potenziale der Stadt sehr gut verstehen.“
- Die ersten neuen Bewohner zogen 2012 in Aarhus Ø ein.
- Das Gebiet im nördlichen Teil des Hafens war früher ein Containerterminal. 1992 wurde ein Ideenwettbewerb ausgerufen, der auf eine langfristige Umwandlung der stadtnahen Hafenanlagen abzielte.
- Das Rückgrat von Aarhus Ø bildet ein etwa 1 km langer Boulevard, an dem drei Stadtteilplätze liegen.
- Der nördliche Platz wird von Kanälen durchschnitten, der das Gebiet in vier Inseln teilt und den neuen Wohn- und Bürogebäuden die Aussicht aufs Wasser eröffnet.