Konzerthaus des Dänischen Rundfunks
Ein Haus für die Sinne/Durchgehend französischer Esprit.
Das Konzerthaus des Dänischen Rundfunks ist ein außergewöhnliches Projekt. Ein markantes und reizvolles Gebäude, entworfen von dem französischen Architekten Jean Nouvel. Dank seines Einflusses auf alle Details ist das Konzerthaus ein architektonisches Werk, das verdientermaßen für den Mies van der Rohe-Preis 2011 nominiert wurde.
Die Bauten von Jean Nouvel gleichen sich nicht. Jedes Projekt vermittelt einen neuen und andersartigen Ausdruck. Das gilt auch für das Konzerthaus im Kopenhagener Stadtteil Ørestad. Sein Ausgangspunkt war hier der Ort, zum damaligen Zeitpunkt ein flaches Feld mit vereinzelter Bebauung. Den großen Konzertsaal mit Platz für 1.800 Personen stellte er sich als einen Meteor vor, der vom Himmel fällt und für Leben im Stadtteil sorgt. Und das hat er in der Tat, auch wenn er sich in einem kubusförmigen Gebäude mit blauer Textilverkleidung verbirgt. Auf die Fassade, die nachts kobaltblau leuchtet, kann das allabendliche Geschehen mittels übergroßer Lichtprojektionen nach außen übertragen werden. Tagsüber lässt sich die amorphe Form des Konzertsaals hinter dem blauen Textilschirm erahnen, der u. a. dort, wo die Verwaltung sitzt, zur Seite gezogen ist.
Architektur mit Kontrasten
Das Konzerthaus ist ein Segment von vieren, die gemeinsam die DR-Stadt (DR Byen) bilden. Die vier selbstständigen Gebäude sind durch eine Innere Straße verbunden, die die Kommunikation zwischen den vier Abteilungen des Dänischen Rundfunks (DR) stärkt und einen schönen Treffpunkt für die Mitarbeiter darstellt. Der Wettbewerb um den Gesamtplan wurde im Jahr 2000 von Vilhelm Lauritzens Architekturbüro gewonnen. Der Konzertsaal war der zuletzt fertiggestellte Bau, und zwar 2009. Von der Eröffnung an war das Gebäude ein Erfolg und hat sich als geeignet für Veranstaltung unterschiedlichster Art erwiesen. Charakteristisch für Jean Nouvels Konzerthaus sind die vielen Kontraste. Robust und verfeinert, flexibel und präzis. Es ähnelt nicht typisch nordischer Architektur, dennoch wurde großer Wert auf die Materialien und das Erlebnis der einzelnen Räume gelegt.
Die Akustik steht im Mittelpunkt
Das Konzerthaus enthält vier Säle. Die Säle gleichen sich nicht, denn sie sind für unterschiedliche Zwecke gedacht und erfordern daher eine unterschiedliche Akustik. Jean Nouvel hat sich entschieden, die Akustik identitätsstiftend für die Architektur sein zu lassen. Saal 2 ist ein Proben- und Konzertsaal mit furnierverkleideten Wänden, an denen Porträts primär von Musikern hängen. Saal 3 ist mit 170 Plätzen der kleinste und mit seinen schwarz/weißen variablen Akustikwänden von einem Klavier inspiriert. Saal 4 ist wieder anders mit roten Wänden, die mit Paneelen in Sektionen unterteilt sind. Die Paneele lassen sich drehen, je nach der Musik, die gespielt wird, und der Anzahl Personen im Saal. Saal 1 ist der herrliche Konzertsaal mit einem imponierenden Volumen von 28.000 Kubikmetern und Platz für 1.800 Personen. Dabei wirkt er mit seinen rings um die Bühne herum angeordneten Sitzplätzen und den an den Wänden sich hinziehenden goldroten Farben sehr intim.
Jean Nouvel hat sich vom Konzertsaal im früheren „Radiohuset“ inspirieren lassen, sowohl was die goldenen Farben als auch was die Patina betrifft, die die Inneneinrichtung hatte. Jean Nouvel hat die gesamte Inneneinrichtung entworfen und bei der Wahl der Materialien große Sorgfalt walten lassen. Die Säle sind mit ihrer Individualität und ihren designerischen Charakteristika schön und inspirierend. Der Konzertsaal hat eine sublime Akustik, die dem Konzerthaus einen Platz unter den großen Konzerthäusern der Welt eingebracht hat. Die unregelmäßige Form des Saals sorgt für optimale akustische Bedingungen. Verantwortlich für die Akustik ist der Japaner Yasuhisa Toyota, bekannt für seine Arbeit mit Akustik von Weltklasse.
Ruhe ins Durcheinander
Auch außerhalb der Säle stehen Akustik und Materialwahl im Fokus. In großen Teilen des Foyers und des übrigen Gebäudes bestehen die Wände aus Beton mit einer stofflichen, Elefantenhaut genannten Oberfläche. Ihre Unregelmäßigkeit bildet einen guten Kontrast zu den großen Flächen und langen Gängen. Hinter Foyer und Bühnen erstrecken sich viele Wandelgänge, die ebenfalls keinen Zweifel aufkommen lassen, dass man sich im Konzerthaus befindet. Die Böden bestehen aus Stahlplatten, die Wände aus Elefantenhaut-Beton, und die Troldtekt-Decken sind neon-orange. Gleichzeitig sind alle Installationen unter der Decke und ein Stück weit an den Wänden herunter in der gleichen neon-orangen Farbe gehalten. So kommt Ruhe in den Raum – die Akustik ist trotz der sonstigen harten Flächen gut und dadurch, dass die Decke und die Kabelführungen, Lüftungsrohre etc. in der gleichen blendenden Farbe gehalten sind, fügt sich alles auf eine schöne Art und Weise zusammen.
Im sekundären Räumen wie den Wandelgängen wurde also Energie auf das architektonische und sinnliche Erlebnis verwandt. In einem Teil des Verwaltungstraktes wurde für einige innen liegende Räume Troldtekt natur verwendet, hier hat Jean Nouvel die Materialien wieder in einer bewussten, aber andersartigen Weise genutzt. Die Architektin Lotte Bessard von Jean Nouvels Architekturbüro in DR Byen war an der Wahl der Materialien für das Bauvorhaben beteiligt. Französische Materialien wurde in dänische „übersetzt“, dabei lag das Schwergewicht auf der Qualität und den Umwelteigenschaften.
Architekturwerk in Kopenhagen
Jean Nouvel hat bisher noch keine Bauten in Dänemark errichtet, mit dem Konzerthaus hat er aber Kopenhagen nun zu einer markanten architektonischen Attraktion verholfen. Der französische Architekt ist bekannt für Projekte wie die Oper in Lyon, das Kultur- und Kongresszentrum Luzern und das Arabische Institut in Paris. Immer geht er von den Bedingungen der einzelnen Aufgabe wie Ort und Funktion aus und das hat ein Konzerthaus mit einer klaren Identität hervorgebracht – hier stehen die Akustik und das Erlebnis an erster Stelle. Das Gebäude wurde nun unter 343 Projekten für die Endausscheidung des angesehenen Architekturpreises Mies van der Rohe-Preis 2011 nominiert.