Nachhall und Absorption

  • Die Nachhallzeit ist ein Maß dafür, wie schnell der Schall in einem bestimmten Raum abklingt.
  • Entscheidende Faktoren für die Nachhallzeit sind die Raumgröße und die im Raum verbauten Materialien.
  • Ist der Absorbtionskoeffizient des Materials sowie die Menge des im Raum verbauten Materials bekannt, lässt sich die Gesamtabsorption für den Raum berechnen. Die Maßeinheit ist „Quadratmeter Sabine“ (m2 Sab).
  • Wenn wir die Größe und die Gesamtabsorption des Raums kennen, können wir mithilfe der „Sabineschen Formel“ die Nachhallzeit berechnen, noch bevor der Raum gebaut wird.

Eine Einführung in die Nachhall und Absorption

In diesem Abschnitt befassen wir uns mit den Bedingungen, die für die Wahrnehmung der Akustik in geschlossenen Räumen entscheidend sind. Der wichtigste Begriff ist der der Nachhallzeit, und wir zeigen, wie man diese in einem Raum misst. Wir erklären auch, wie die Wahl von Oberflächenmaterialien und deren Fähigkeit zum Absorbieren von Schall die Nachhallzeit beeinflussen. Außerdem stellen wir die „Sabinesche Formel“ vor. Mit dieser praktischen Gleichung lässt sich die Nachhallzeit für einen Raum schon auf dem Reißbrett berechnen.

Um zu verstehen, wie wir als Menschen eine gute oder schlechte Raumakustik erleben, ist es essenziell, dass wir uns mit dem Begriff der Nachhallzeit vertraut machen. Sie ist der Schlüssel für unser Verständnis.

Nachhallzeit

Die Nachhallzeit ist, vereinfacht ausgedrückt, ein Maß dafür, wie schnell der Schall in einem geschlossenen Raum ausklingt, beispielsweise wenn man in die Hände klatscht. Genauer gesagt handelt es sich um die Zeit (in Sekunden), die ab dem Ende eines Schallimpulses vergeht, bis der Geräuschpegel um 60 dB gefallen ist. In Abbildung 6 werden die zeitlichen Verläufe der Schalldruckpegel eines Händeklatschens in einem Raum mit kurzer Nachhallzeit und in einem Raum mit langer Nachhallzeit einander gegenübergestellt.

Abbildung 6: Kurze und lange Nachhallzeit

Das menschliche Gehör reagiert auf den „Klangschweif“, der in dieser Zeit vorhanden ist, und verbindet ihn mit dem jeweiligen Raum. Ist der Klangschweif lang, klingt der Raum hallend oder klangvoll. Ist der Klangschweif dagegen kurz, klingt der Raum „trocken“. Der Nachhall kann verschiedene Charakteristika aufweisen. Ein Badezimmer hat einen verhältnismäßig langen Nachhall (und eignet sich herrlich zum Singen), der jedoch ganz anders klingt als der einer Kirche, wo es ebenfalls hallt. Die Klangunterschiede beruhen zum einen darauf, dass die Größen der beiden Räume sehr unterschiedlich sind. Zum anderen hallen in einer Kirche besonders die tiefen Töne nach, die man in einem Bad gar nicht hören kann.  Das Ohr nimmt diese Unterschiede wahr und verbindet sie mit dem Klang bzw. der Akustik des Raums.

Die einzelnen Frequenzen klingen also unterschiedlich ab, und dies ist eine wichtige Erkenntnis, wenn es darum geht, eine gute Raumakustik zu schaffen. Man spricht hier von der Frequenzabhängigkeit der Nachhallzeit oder auch von der Nachhallkurve für einen spezifischen Raum.  Unser Gehör nimmt dies mit hoher Empfindlichkeit auf. Wie bereits angedeutet, nimmt die Raumgröße (Volumen) Einfluss auf die Nachhallzeit. Ein großer Raum hat grundsätzlich eine längere Nachhallzeit als ein kleiner Raum. Der zweite wichtige Faktor, der die Nachhallzeit eines Raums bestimmt, ist die Absorption.

Absorption

Die Absorption ist ein Maß für die Fähigkeit der in einem Raum vorhandenen Oberflächen, Schall zu absorbieren (also zu schlucken) bzw. zu reflektieren. Einige Materialien wirken stark schallschluckend, auch wenn dies vielleicht nicht nahe liegt. So wirken Gipskartonplatten, Glas und bestimmte Holzfußböden schallabsorbierend im Bassbereich. Dazu später mehr. Die Schallabsorptionsfähigkeit der einzelnen Materialien ist sehr unterschiedlich. Beton und Mauerwerk haben praktisch keine schallschluckende Wirkung. Teppiche, Textilien, Stein- und Glaswolle, Holzwolleleichtbauplatten (Troldtekt) und andere „raue“ Materialien hingegen absorbieren reichlich Schall.

Diese Eigenschaft wird durch den Absorptionskoeffizienten (α) ausgedrückt. Der Absorptionskoeffizient drückt das Verhältnis zwischen derjenigen Schallenergie, die vom Material geschluckt wird (eigentlich: die nicht reflektierte Schallenergie), und derjenigen Schallenergie, die auf das Material auftrifft, aus. Der Absorptionskoeffizient ist also ein Faktor zwischen 0 und 1, wobei 0 bedeutet, dass das Material keinerlei Schallenergie absorbiert, und 1 ausdrückt, dass das Material die gesamte Schallenergie aufnimmt. Beton hat in der Regel einen Absorptionskoeffizienten von 0,01 bis 0,02, was einem bis zwei Prozent entspricht. Troldtekt-Platten mit darunterliegender Mineralwolle bringen es auf einen Absorptionskoeffizienten von 0,8 bis 0,9, was bedeutet, dass 80 bis 90 Prozent der Schallenergie absorbiert werden.

Die schallabsorbierende Wirkung eines Materials in einem Raum hängt jedoch nicht allein von der Höhe des Absorptionskoeffizienten ab, sondern auch von der Größe der Fläche, die damit bedeckt ist. Die Absorption oder – genauer gesagt – die äquivalente Absorptionsfläche (A) ist das Produkt der Fläche in Quadratmetern multipliziert mit dem Absorptionskoeffizienten:

A = S × α (m2Sab)

Wir nennen diese Maßeinheit „Quadratmeter Sabine“ (m2 Sab), um sie von „normalen“ Flächenangaben zu unterscheiden. Die Absorption drückt die Gesamtwirkung des jeweiligen Materials im Raum aus. Der physikalische Effekt der Absorption lässt sich mit einem geöffneten Fenster vergleichen, das den Schall zu 100 Prozent absorbiert, da es nichts davon zurückwirft (reflektiert). An der Fläche des offenen Fensters kann man nun die Wirkung aller anderen Oberflächen im Raum messen. 

Nehmen wir zum Beispiel 10 Quadratmeter Troldtekt mit einem Absorptionskoeffizienten von 0,8. Die resultierende Absorption beträgt 10 x 0,8 oder 8 Quadratmeter Sabine. Das ist dieselbe Wirkung wie 8 Quadratmeter offene Fenster, die den Schall zu 100 Prozent absorbieren. Unter akustischen Gesichtspunkten haben 8 Quadratmeter Troldtekt-Akustikplatten also denselben Effekt wie 10 Quadratmeter geöffnete Fenster. In der frühen Raumakustiklehre wurde für Absorption auch gern der Ausdruck „Open Window Unit“ (OWU) verwendet. Sehr pädagogisch.

Nun wenden wir uns der wichtigsten Formel der Akustik zu, um den Bezug zwischen Nachhallzeit (T), Raumvolumen (V) und Absorption (A) unter Heranziehung des Proportionalitätsfaktors 0,16 herzustellen:

T = 0,16 × V/A, wobei gilt A = S × α

Ausschlaggebend ist hier, dass die Nachhallzeit sich proportional zum Raumvolumen (d. h. ein doppelt so großes Volumen ergibt eine doppelt so lange Nachhallzeit) und umgekehrt proportional zur Absorption verhält (die doppelte Absorption ergibt eine halb so lange Nachhallzeit). Der Proportionalitätsfaktor von 0,16 ist eine Konstante, auf die wir zugreifen müssen, damit die Rechnung aufgeht. Die Nachhallzeit ist bekanntlich definiert als die Zeit, die vergeht, bis der Schallpegel um 60 dB abgeklungen ist. Hätte man hier eine andere Definition gewählt, z. B. ein Abklingen um 40 dB, wäre der Faktor ein anderer.

Die Sabinesche Formel ermöglicht die Berechnung der resultierenden Nachhallzeit, wenn das Raumvolumen bekannt ist und wenn feststeht, wie viel Absorption in den Raum eingebracht werden soll. Wir können also bereits beim Entwerfen auf dem Zeichenbrett die Nachhallzeit vorhersagen, die in einem Raum herrschen wird, wenn er fertig gebaut ist. Um die Berechnung wie beschrieben durchführen zu können, müssen neben den Abmessungen des Raums auch die akustischen Eigenschaften der darin verbauten Materialien bekannt sein.

Diese erhalten wir in Form der Absorptionskoeffizienten (α) der einzelnen Materialien (siehe z. B. die Tabelle auf Seite 9). Weil die schallabsorbierende Wirkung der Materialien frequenzabhängig ist, werden in der Regel die α-Werte für mehrere Frequenzen innerhalb eines Frequenzbereichs von 125 bis 4.000 Hz angegeben.

Die benötigten Absorptionskoeffizienten für die einzelnen Materialien finden Sie zumeist auf den Webseiten der einzelnen Hersteller (z. B. www.troldtekt.de). Die Koeffizienten von gängigen Baustoffen, die nicht ausdrücklich als Akustikmaterial angeboten werden, wie z. B. Fußböden, Fenster, Mauerwerk u. Ä., finden Sie in den einschlägigen Handbüchern sowie im Internet. Die Tabelle auf der nächsten Seite gibt Ihnen einen kleinen Überblick. Die abschließende Berechnung für einen Raum erfolgt linear, d. h. die Beiträge der einzelnen Materialien und Bauteile zur Absorption werden addiert, um die Gesamtabsorption (A) zu erhalten, die dann in die Sabinesche Gleichung eingesetzt werden kann. Für jeden Raum wird der Nachhall separat für die einzelnen Frequenzbänder berechnet. Die so gewonnen Nachhallzeiten für einzelne Frequenzen werden anschließend zu einer Nachhallkurve zusammengesetzt. Die Nachhallkurve gibt genau die Frequenzabhängigkeit der Nachhallzeit für den betreffenden Raum wieder. Der Verlauf der Nachhallkurve ist ein wichtiger Indikator für die akustische Qualität des Raums. Dazu später mehr.

Abbildung 7:

 

 

>> Lesen Sie auch den nächsten Abschnitt über die verschiedenen Absorbertypen 

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